Dorn & Freudenberg Medizinwirtschaftsrecht - Ihr Partner für medizinisches Wirtschaftsrecht

Gründung und Vertrag einer ​Praxisgemeinschaft

Fachbeitrag im Medizinrecht

2. Unterscheidung zwischen einer BAG (Berufsausübungsgemeinschaft) und einer Praxisgemeinschaft

a. Praxisgemeinschaft vs. Gemeinschaftspraxis

Es ist wichtig, eine Praxisgemeinschaft von einer Gemeinschaftspraxis abzugrenzen. Eine Gemeinschaftspraxis ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), bei der die Beteiligten gemeinsam mit dem Ziel der Gewinnerzielung praktizieren. Das bedeutet, sie teilen Gewinne und Risiken, führen eine gemeinsame Patientenkartei und rechnen die Patientenleistungen gemeinsam ab. Weitere Informationen zur Gründung einer Gemeinschaftspraxis finden Sie in diesem Rechtstipp.

Im Gegensatz dazu fehlt es in einer Praxisgemeinschaft an der gemeinsamen Berufsausübung mit Gewinnerzielungsabsicht, und die einzelnen Mitglieder behalten ihre Unabhängigkeit, indem sie ihre eigenen Patienten behandeln und individuell abrechnen. Die vertraglichen Bindungen einer Praxisgemeinschaft beschränken sich auf die gemeinsame Nutzung und Wartung von Ressourcen wie Praxisräumen, Geräten und Personal.

In einer Praxisgemeinschaft muss der Grundsatz der freien Arztwahl gemäß § 18 Abs. 2 der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä) gewahrt bleiben, und die Abrechnung von Leistungen darf nur gegenüber den eigenen Patienten erfolgen. Grundsätzlich entsteht keine gesamtschuldnerische Haftung zwischen den Mitgliedern, weder für Regresse im Vertragsarztrecht noch für Haftungsfälle aufgrund von Behandlungsfehlern.

b. Vorsicht bei faktischer BAG!

Wenn die oben genannten Grundsätze nicht eingehalten werden, kann von einer faktischen Gemeinschaftspraxis gesprochen werden.

Um Missbrauch durch eine faktische Gemeinschaftspraxis zu vermeiden, ist insbesondere bei den folgenden beiden Punkten Vorsicht geboten:

  1. Gemeinsamer Patientenstamm: Ein solcher kann leicht entstehen, wenn Patienten gegenseitig überwiesen werden. Bei fachgleichen Leistungen gilt eine Patientenidentität von 20%, bei fachfremden Leistungen von 30%, als Indiz für einen Missbrauch im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung.

  2. Wechselseitige Vertretung: Wenn die Praxisgemeinschaft die Kosten für die Vertretung übernimmt, widerspricht dies ihrer eigentlichen Natur, da dies die Aspekte der gemeinsamen Berufsausübung in einer BAG betrifft.

Das wirtschaftliche Motiv für die Führung einer faktischen Gemeinschaftspraxis unter dem Deckmantel einer Praxisgemeinschaft besteht darin, die Anzahl der Fälle und abrechenbaren Leistungen zu steigern. Da eine faktische Gemeinschaftspraxis nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, können erhebliche vertragsärztliche, berufsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen drohen.

3. Rechtsform: Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Die am häufigsten gewählte Rechtsform für eine Praxisgemeinschaft ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie ist besonders geeignet, da sie einfach zu gründen ist und eine hohe Flexibilität bietet. Wenn die GbR nicht öffentlich auftritt, handelt es sich um eine nicht rechtsfähige Innengesellschaft. Wenn die Praxisgemeinschaft jedoch unter ihrem eigenen Namen im Geschäftsleben auftritt, entsteht eine rechtsfähige Außengesellschaft. Diese Rechtsfähigkeit bleibt im Allgemeinen von Veränderungen im Gesellschafterkreis unabhängig, was beispielsweise bei langfristigen Vertragsabschlüssen von Vorteil sein kann.

Die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) ist hingegen nicht geeignet, da sie die gemeinsame Berufsausübung zum Hauptzweck hat, während es bei einer Praxisgemeinschaft primär um die gemeinsame Nutzung von Ressourcen geht. Die PartG kann jedoch als Träger einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) verwendet werden.

Obwohl die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) theoretisch möglich ist, erweist sie sich in der Praxis als zu aufwendig und kostenintensiv für die Organisation einer Praxisgemeinschaft.

4. Vereinbarung über eine Praxisgemeinschaft

Der Vertrag für die Praxisgemeinschaft legt die Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Praxisgemeinschaft sowie die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und die Kostenaufteilung fest.

Es wird dringend empfohlen, eine ausführliche schriftliche Vereinbarung zu diesem Zweck abzuschließen, in der die Gesellschafter ihre Erwartungen und Bedingungen festhalten. Andernfalls entsteht bei Gründung der Praxisgemeinschaft automatisch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aufgrund gesetzlicher Vorgaben, die möglicherweise nicht den Bedürfnissen der Praxisgemeinschaft entspricht.

Wichtige Regelungsbereiche im Vertrag über die Praxisgemeinschaft umfassen Einlagen, Anschaffungen, Kostenaufteilung, Bestimmungen zur Entscheidungsfindung, Konfliktlösung und die Bedingungen für das Ausscheiden aus der Praxisgemeinschaft.

Bei der Regelung der Kostenaufteilung sollte darauf geachtet werden, dass keine Verstöße gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt gemäß § 31 der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä) bzw. § 73 Abs. 7 SGB V innerhalb der Praxisgemeinschaft auftreten, beispielsweise durch Berücksichtigung von Überweisungen im Rahmen der Kostenaufteilung.

5. Patientenunterlagen

Aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht und der Datenschutzbestimmungen müssen die Patientenakten jeder beteiligten Praxis getrennt geführt werden.

6. Anzeige oder Genehmigung erforderlich?

Die Gründung, Änderung und Auflösung der Praxisgemeinschaft müssen gemäß § 18 Abs. 1/6 der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä) bei der zuständigen Ärztekammer sowie gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung angezeigt werden. Eine Genehmigung der Praxisgemeinschaft durch den Zulassungsausschuss ist hingegen nicht erforderlich.

7. Rechtliche Beratung und Unterstützung

Die Gründung und Führung einer Praxisgemeinschaft erfordert die Berücksichtigung einer Vielzahl von berufsrechtlichen, vertragsärztlichen und gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen.

Unsere Anwälte, die über umfassende Erfahrung im Bereich des Medizinrechts und Gesellschaftsrechts verfügen, stehen Ihnen gerne zur Verfügung, um Sie in Bezug auf Praxisgemeinschaften zu beraten. Unsere Zielsetzung ist es, unerwünschte Risiken und Konflikte zu vermeiden. Zögern Sie nicht, sich jederzeit mit Fragen zu melden oder eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

Rechtsgebiet

medizinrecht-scaled-Mobile

Jederzeit für Sie erreichbar

Kontakt

Ihre Kanzlei Dorn & Freudenberg Medizinwirtschaftsrecht. Immer für Sie da

Adresse

Taunusstr. 7
65183 Wiesbaden

Öffnungszeiten

Mo. – Fr. 08:00 – 17:00

Kontakt

Sie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.

Mehr Informationen