a. Praxisgemeinschaft vs. Gemeinschaftspraxis
Es ist wichtig, eine Praxisgemeinschaft von einer Gemeinschaftspraxis abzugrenzen. Eine Gemeinschaftspraxis ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), bei der die Beteiligten gemeinsam mit dem Ziel der Gewinnerzielung praktizieren. Das bedeutet, sie teilen Gewinne und Risiken, führen eine gemeinsame Patientenkartei und rechnen die Patientenleistungen gemeinsam ab. Weitere Informationen zur Gründung einer Gemeinschaftspraxis finden Sie in diesem Rechtstipp.
Im Gegensatz dazu fehlt es in einer Praxisgemeinschaft an der gemeinsamen Berufsausübung mit Gewinnerzielungsabsicht, und die einzelnen Mitglieder behalten ihre Unabhängigkeit, indem sie ihre eigenen Patienten behandeln und individuell abrechnen. Die vertraglichen Bindungen einer Praxisgemeinschaft beschränken sich auf die gemeinsame Nutzung und Wartung von Ressourcen wie Praxisräumen, Geräten und Personal.
In einer Praxisgemeinschaft muss der Grundsatz der freien Arztwahl gemäß § 18 Abs. 2 der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä) gewahrt bleiben, und die Abrechnung von Leistungen darf nur gegenüber den eigenen Patienten erfolgen. Grundsätzlich entsteht keine gesamtschuldnerische Haftung zwischen den Mitgliedern, weder für Regresse im Vertragsarztrecht noch für Haftungsfälle aufgrund von Behandlungsfehlern.
b. Vorsicht bei faktischer BAG!
Wenn die oben genannten Grundsätze nicht eingehalten werden, kann von einer faktischen Gemeinschaftspraxis gesprochen werden.
Um Missbrauch durch eine faktische Gemeinschaftspraxis zu vermeiden, ist insbesondere bei den folgenden beiden Punkten Vorsicht geboten:
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Gemeinsamer Patientenstamm: Ein solcher kann leicht entstehen, wenn Patienten gegenseitig überwiesen werden. Bei fachgleichen Leistungen gilt eine Patientenidentität von 20%, bei fachfremden Leistungen von 30%, als Indiz für einen Missbrauch im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung.
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Wechselseitige Vertretung: Wenn die Praxisgemeinschaft die Kosten für die Vertretung übernimmt, widerspricht dies ihrer eigentlichen Natur, da dies die Aspekte der gemeinsamen Berufsausübung in einer BAG betrifft.
Das wirtschaftliche Motiv für die Führung einer faktischen Gemeinschaftspraxis unter dem Deckmantel einer Praxisgemeinschaft besteht darin, die Anzahl der Fälle und abrechenbaren Leistungen zu steigern. Da eine faktische Gemeinschaftspraxis nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, können erhebliche vertragsärztliche, berufsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen drohen.