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Vertragsärztliches Zulassungsrecht bei der Übernahme von Arztpraxen durch Investoren

Fachbeitrag im Gesellschaftsrecht

1. Investment Arztpraxis

Professionelle Investoren zeigen Interesse am Erwerb von (Zahn-)Arztpraxen, medizinischen Versorgungszentren (MVZ) oder Laboren. Diese Investoren können strategisch agieren, indem sie verschiedene medizinische Dienstleister unter einem Dach zusammenführen möchten. Alternativ dazu gibt es Finanzinvestoren wie Family Offices oder Private Equity-Firmen, die ihr Portfolio im Bereich Gesundheitswesen erweitern möchten.
Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. Januar 2022 (Aktenzeichen: B 6 KA 2/21 R) hat die Gründung von MVZ’s durch Vertragsärzte zumindest erheblich erschwert. Dieser Beitrag wird sich mit den regulatorischen Rahmenbedingungen befassen, denen Investoren bei der Übernahme von Praxen gegenüberstehen, unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 25. Oktober 2023 (Aktenzeichen: B 6 KA 26/22 R).

2. Grundfälle des Investorenkaufs

In der Regel erwirbt der Investor eine Arztpraxis durch eine MVZ-Träger-GmbH, die vom Investor getragen wird. Dabei haben sich drei Hauptfälle des Investorenkaufs als besonders praxisrelevant herausgestellt:

  1. Verkauf einer Einzelpraxis
  2. Verkauf einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), entweder von Anteilen oder Einzelwirtschaftsgütern
  3. Verkauf einer MVZ-Träger-GmbH

Wie in der Praxis üblicherweise der Fall, wird davon ausgegangen, dass der Planungsbereich „zu“ (also gesperrt) ist.

3. Übernahme einer Einzelpraxis

Die Übernahme der Wirtschaftsgüter einer Einzelpraxis erfolgt in einem sogenannten Asset Deal, bei dem der Käufer die einzelnen Vermögensgegenstände der Praxis erwirbt.

Für die Übertragung des Kassensitzes wird in der Regel die „Verzichtslösung“ angewendet. Die regulatorischen Anforderungen hierfür umfassen:

  • Eine formlose Verzichtserklärung des verkaufenden Arztes

  • Ein Antrag auf Beschäftigung als angestellter Arzt gemäß §§ 95 Abs. 9 SGBV und 32b Ärzte-ZV

  • Ein Arbeitsvertrag

  • Ein aktueller unterschriebener Lebenslauf

  • Ein Führungszeugnis (Belegart „O“)

  • Ein Nachweis über das Bestehen einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung (gemäß §§ 95e SGB V und 113 VVG)

  • Gegebenenfalls eine Genehmigung als Zweigstelle durch die Kassenärztliche Vereinigung (gemäß § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV)

Für eine Einzelpraxis mit angestellten Ärzten kommt zusätzlich das sogenannte „Huckepack-Verfahren“ infrage. Hierbei erfolgt die Übertragung der genehmigten Arztstellen durch den Verzicht, sofern dies gemäß der jeweiligen Verwaltungspraxis möglich ist (gegebenenfalls analog zu § 24 Abs. 7 Satz 2 Ärzte-ZV).

Falls der Verzicht aus subjektiven Gründen oder aufgrund entgegenstehender Verwaltungspraxis nicht möglich ist, muss der Vertragsarztsitz ausgeschrieben werden. In diesem Fall kann es im Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4c Satz 3 SGB V zu einer Benachteiligung kommen (siehe auch Urteil des Bundessozialgerichts vom 25. Oktober 2023 – Aktenzeichen: B 6 KA 26/22 R).

4. Übernahme einer Gemeinschaftspraxis (BAG)

Die Strukturierung der Übernahme als Anteilsverkauf (Share Deal) oder als Verkauf der Einzelwirtschaftsgüter (Asset Deal) ist aus zulassungsrechtlicher Perspektive unerheblich. Dies liegt daran, dass die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nicht an die Anteile an der Personengesellschaft (BAG) gebunden ist, sondern an die jeweilige Person.

Für Berufsausübungsgemeinschaften (BAGs) ohne Angestellte bietet sich in der Regel die „Verzichtslösung“ zunächst an.

Falls der BAG Anstellungsgenehmigungen erteilt wurden, hängt es von der jeweiligen Verwaltungspraxis ab, ob das sogenannte „Huckepack-Verfahren“ möglich ist (siehe bereits oben unter Punkt 3).

Sonst muss unter Umständen der etwas aufwendigere Weg einer Umwandlung der Personengesellschaft in eine GmbH eingeschlagen werden.

a. Verzichtslösung

Erste Variante: Wenn bereits ein investorengetragenes MVZ vorhanden ist, kann die Ausschreibung und Bewerbung durch das MVZ gemäß § 103 Abs. 4c Satz 3 SGB V möglicherweise problematisch sein. In diesem Fall wird zunächst ein Verzicht der Gesellschafter gemäß § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V zugunsten der Anstellung in Betracht gezogen.

Die regulatorischen Anforderungen hierfür umfassen:

  • Formlose Verzichtserklärungen der Gesellschafter
  • Ein Antrag auf Beschäftigung angestellter Ärzte gemäß §§ 95 Abs. 9 SGB V und 32b Ärzte-ZV
  • Arbeitsverträge
  • Aktuelle unterschriebene Lebensläufe
  • Führungszeugnisse (Belegart „O“)
  • Nachweis des Bestehens eines ausreichenden Berufshaftpflichtversicherungsschutzes gemäß §§ 95e SGB V und 113 VVG
  • Gegebenenfalls eine Genehmigung als Zweigstelle durch die Kassenärztliche Vereinigung gemäß § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV
Zweite Variante: Wenn ein MVZ noch gegründet werden muss, richten sich der Zulassungsantrag für das MVZ sowie die Anträge auf Anstellungsgenehmigungen nach §§ 95 Abs. 2 Satz 5 SGB V und 18 Ärzte-ZV (verwiesen in § 32b Abs. 2 Ärzte-ZV). 

Zunächst ist es, zumindest aus der Perspektive der Zulassungsvorschriften betrachtet, nicht entscheidend, ob die Trägergesellschaft ursprünglich von der Seite des Käufers oder des Verkäufers gestellt wird.

Die regulatorischen Anforderungen hierfür sind:

  • Gesellschaftsvertrag der GmbH (Satzung)
  • Nachweis der Gründereigenschaft gemäß § 108 Nr. 2 SGB V
  • Qualifizierte Sicherheitsleistung gemäß § 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V
  • Arbeitsverträge mit angestellten Ärzten (bzw. „Vertrag“ mit den im MVZ tätigen Vertragsärzten), gegebenenfalls aktuelle unterschriebene Lebensläufe und Führungszeugnisse (Belegart „0“)
  • Arztregisterauszüge gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3a Ärzte-ZV (gegebenenfalls entbehrlich)
  • Vereinbarung über die ärztliche Leitung
  • Nachweis des Bestehens eines ausreichenden Berufshaftpflichtversicherungsschutzes gemäß §§ 95e SGB V und 113 VVG

Exkurs: Anforderungen an den GmbH-Gesellschaftsvertrag (Satzung) aus zulassungsrechtlicher Perspektive umfassen:

  • Gegenstand des Unternehmens, möglicherweise mit Beschränkung auf den Betrieb eines MVZ oder weiterer MVZ
  • Beschränkung der Gesellschafter auf natürliche und juristische Personen, die als Gründer eines MVZ zulässig sind (vgl. § 95 Abs. 1a sowie Abs. 6 Satz 4 SGB V), sowie Beschränkung von Abtretungen an die gleiche Voraussetzung (Vinkulierung)
  • Regelungen zum „ärztlichen Leiter“
  • Verpflichtungen der Gesellschafter, selbstschuldnerische Bürgschaften zu stellen
  • Einziehung von Geschäftsanteilen bzw. Verpflichtung zu deren Abtretung, wenn in der Person eines Gesellschafters die Gründereigenschaft gemäß § 95 Abs. 1a und Abs. 6 Satz 3ff. SGB V entfällt (z. B. bei Tod und Erbfall)
  • Im Rahmen der Liquidation können gegebenenfalls die der Gesellschaft erteilten Anstellungsgenehmigungen zugunsten der angestellten Ärzte verwertet werden (Umwandlung, andernfalls Ausschreibung)

Sofern die „Huckepack“-Übertragung der Anstellungsgenehmigungen je nach der Verwaltungspraxis des zuständigen Zulassungsausschusses möglich ist, sind zusätzlich folgende Schritte erforderlich::

  • Ein Antrag auf Beschäftigung eines angestellten Arztes gemäß §§ 95 Abs. 9 SGB V und 32b Ärzte-ZV
  • Gegebenenfalls sind die Arbeitsverträge der bisherigen Angestellten nicht vorzulegen gemäß § 613a BGB
  • Weitere Anforderungen können bei Bedarf erfragt werden.

b. Umwandlung

Falls eine Übertragung auf die oben genannte Weise nicht möglich ist, sollte die Möglichkeit einer Umwandlung der Personengesellschaft in eine GmbH geprüft werden. 

Aufgrund der potenziellen Probleme bei der Ausschreibung für nicht-ärztlich geführte Medizinische Versorgungszentren gemäß § 103 Abs. 4c S. 5 SGB V ist auch die Umwandlung der Personengesellschaft (PartG, eGbR) in eine GmbH eine gangbare Option.

Die Umwandlung gemäß dem Umwandlungsgesetz (hier als „Formwechsel„) beinhaltet eine Änderung der rechtlichen Struktur eines Unternehmens ohne Liquidation, wodurch eine Gesamtrechtsnachfolge ermöglicht wird. 

Der Formwechsel erfolgt identitätswahrend gemäß §§ 190 ff UmwG, was bedeutet, dass zunächst keine Auswirkungen auf die Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen bestehen.


Um die rechtlichen Aspekte der Umwandlung zu erfüllen, müssen folgende Schritte eingehalten werden:

  • Ein notariell beurkundeter Beschluss über den Formwechsel.
  • Die Zustimmung aller Gesellschafter.
  • Die Ausarbeitung der Satzung für die neu entstehende GmbH, wobei die spezifischen Anforderungen an MVZ-Trägergesellschaften berücksichtigt werden müssen (siehe oben genannte Anforderungen).
  • Die Erstellung eines Sachgründungsberichts sowie einer Werthaltigkeitsbescheinigung.
  • Die Anmeldung der neuen Gesellschaftsform beim Handelsregister.
  • Die Wirksamkeit des Formwechsels tritt mit der Eintragung der neuen Gesellschaftsform in das Handelsregister ein.

Die Umwandlung erfordert auch eine Abstimmung des Formwechsels mit den entsprechenden zulassungsrechtlichen Entscheidungen. 

Die regulatorischen Voraussetzungen richten sich, wie bereits erläutert, nach dem Zulassungsantrag und den Anträgen auf Genehmigung der Anstellung von Ärzten gemäß § 18 Ärzte-ZV. Zu den beizufügenden Unterlagen gehören:

  • Der Formwechselbeschluss
  • Die Zustimmung der Gesellschafter
  • Ein qualifizierter Gesellschaftsvertrag der GmbH (Satzung)
  • Der Nachweis der Gründereigenschaft gemäß § 108 Nr. 2 SGB V
  • Eine qualifizierte Sicherheitsleistung gemäß § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V
  • Anträge auf Beschäftigung angestellter Ärzte gemäß §§ 95 Abs. 9 SGB V, § 32b Ärzte-ZV
  • Die Anmeldung der neuen Gesellschaft beim Handelsregister
  • Eine Gesellschafterliste
  • Ein Nachweis über die Eintragung ins Handelsregister
  • Arbeitsverträge mit den bisherigen Gesellschaftern, gegebenenfalls mit aktuellem unterschriebenem Lebenslauf und Führungszeugnis (Belegart „0“)
  • Arztregisterauszüge gemäß § 18 Abs. 1 S. 3a Ärzte-ZV
  • Eine Vereinbarung über die „ärztliche Leitung“
  • Der Nachweis des Bestehens einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung gemäß §§ 95e SGB V, 113 VVG
Nach diesen Schritten kann ein Anteilsverkauf durchgeführt werden, der bereits zuvor aufschiebend bedingt vereinbart werden kann.

5. Übernahme eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ)

Grundsätzlich ist es möglich, dass Personen, die die Voraussetzungen für die Gründerberechtigung gemäß § 95 Abs. 1a Satz 1 SGB V erfüllen, Anteile an der MVZ-GmbH erwerben. Dies kann entweder durch die Übertragung von Anteilen gemäß § 15 GmbHG oder durch eine Kapitalerhöhung gemäß § 55 GmbHG erfolgen, sofern dies nicht im Widerspruch zur Verwaltungspraxis des entsprechenden Zulassungsausschusses steht.

Die Übernahme von Gesellschaftsanteilen und möglicherweise der Beitritt zur Gesellschaft müssen dem Zulassungsausschuss gemeldet werden. 

Gemäß § 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V muss im Falle des Beitritts zur Gesellschaft eine qualifizierte Bürgschaftserklärung abgegeben oder anderweitige Sicherheit gestellt werden. 

Eine Genehmigung ist nicht erforderlich.

6. Resümee

Es hat sich als sinnvoll erwiesen, vorab die regulatorischen Anforderungen mit der zuständigen Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses abzuklären, im Rahmen der oben beschriebenen Transaktionsstrukturen. 

Ebenfalls hat sich die Einreichung eines Exposés bewährt, in dem diese Anforderungen noch einmal detailliert dargestellt werden.

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