Bei Verhandlungen mit Investoren im Rahmen einer M&A-Transaktion im Gesundheitswesen müssen (Zahn)Ärzte bestimmte rechtliche Rahmenbedingungen sowie etablierte Marktstandards berücksichtigen:
a. Vertraulichkeitsvereinbarung: Nach anfänglicher Kontaktaufnahme mit dem Investor und vor Offenlegung vertraulicher Informationen durch den Verkäufer sollte eine Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen den Parteien unterzeichnet werden, um den Schutz sensibler Daten sicherzustellen. Diese Geheimhaltungsvereinbarung wird auf Englisch Non Disclosure Agreement oder kurz NDA genannt. Aus Sicht des Verkäufers ist hierbei insbesondere darauf zu achten, dass sämtliche sensiblen Informationen vertraglich geschützt sind und den Käufer bei Verstoß gegen seine Geheimhaltungspflichten angemessen empfindliche Sanktionen treffen.
b. Due Diligence: Der Investor wird die Praxis einer eingehenden betriebswirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen Prüfung unterziehen, um deren Zustand festzustellen und mögliche Risiken zu identifizieren – sog. Due Diligence. Hierfür übersendet der Kaufinteressent eine Anforderungsliste mit den Unterlagen, die er einzusehen wünscht, z.B. Verträge, Genehmigungen, Abrechnungen etc. Soweit möglich, stellt der Verkäufer die angeforderten Dokumente in einen Datenraum ein, wo Sie der Käufer einsehen kann (in der Regel werden Scans in einen geschützten Online-Datenraum hochgeladen). Häufig stellt der Käufer Rückfragen zu den hochgeladenen Dokumenten, deren Beantwortung mit dem Anwalt des Verkäufers abgestimmt werden sollte. Die Ergebnisse der Prüfung werden durch die Anwälte des Käufers in einem Due Diligence Report festgehalten. Der Investor wird versuchen, die darin erkannten Risiken bei der Berechnung des Kaufpreises sowie Gestaltung des Kaufvertrags zu seinen Gunsten berücksichtigen. In bestimmten Fällen kann es sich anbieten, dass der Verkäufer im Vorfeld des Verkaufsprozesses eine eigene Prüfung vornimmt (Vendor Due Diligence), um die Stärken und Schwächen seiner Praxis besser einschätzen und ggf. noch verbessern zu können.
c. Absichtserklärung: Haben sich Verkäufer und Käufer auf die groben Eckpunkte des Praxisverkaufs verständigt, ist es üblich und hilfreich, die gemeinsamen Vorstellungen in einer Absichtserklärung schriftlich niederzulegen. Diese wird engl. als Letter of Intent oder kurz LoI bezeichnet. Häufig sind die kommerziellen Festlegungen im LoI noch nicht rechtlich verbindlich, während andere Bestimmungen wie eine mögliche Exklusivität der Vertragsverhandlungen und Regeln zu deren Abbruch bereits rechtsverbindlich geregelt sind. Auf den Entwurf des LoI sollte große Sorgfalt verwandt werden, da spätere Abweichungen von diesem verhandlungstechnisch nur schwer durchsetzbar sind.
d. Kaufvertrag: Er ist das juristische Herzstück der Praxisabgabe, in ihm werden die genauen Verkaufsbedingungen festgelegt. Abhängig davon, ob Gesellschaftsanteile an einer BAG bzw. einem MVZ (Share Deal) oder die Einzelwirtschaftsgüter einer Praxis (Asset Deal) verkauft werden, wird der Kaufvertrag engl. Share Purchase Agreement (SPA) bzw. Asset Purchase Agreement (APA) genannt. Hierbei wird der Investor versuchen, die Risiken der Praxisübernahme weitestmöglich auf den Verkäufer abzuwälzen, indem er eine umfassende vertragliche Gewährleistung für mögliche Mängel und Risiken einfordert (sog. Garantien und Freistellungen). Der Verkäufer sollte dringend darauf achten, dass er diese Haftungstatbestände korrekt bewertet und nur ein möglichst geringes Haftungsrisiko übernimmt, wofür er insbesondere effektive Haftungsbeschränkungen verhandeln sollte. Werden GmbH-Geschäftsanteile verkauft, muss der Kaufvertrag notariell beurkundet werden, in den meisten übrigen Fällen kann der Kaufvertrag privatschriftlich (d.h. ohne Einschaltung eines Notars) abgeschlossen werden. Die Vertragsunterzeichnung wird Signing genannt und der Vollzug des Kaufvertrags durch Kaufpreiszahlung und Übereignung wird als Closing bezeichnet. In manchen Fällen finden Unterzeichnung und Vollzug am gleichen Tag statt, in anderen Fällen müssen nach dem Signing noch bestimmte Bedingungen eintreten, wie die Einholung öffentlicher Genehmigungen, bevor das Closing stattfinden kann – diese Zwischenzeit wird Interim Period genannt.
e. Regulatorische Genehmigungen: Je nach Gestaltung der Praxisabgabe können regulatorische Genehmigungen erforderlich sein. Dies kann beispielsweise die Zustimmung von Zulassungsgremien oder Kassenärztlichen Vereinigungen umfassen. Die Einholung dieser Genehmigungen sollte grundsätzlich vorbereitet werden und rechtzeitig erfolgen, um Verzögerungen zu vermeiden.