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Verantwortung der ärztlichen Leiter und Geschäftsführer in MVZ-Träger-GmbH’s

Fachbeitrag im Medizinrecht

II. Rechtliche Grundlagen

1. GmbH-Geschäftsführer

Die GmbH-Geschäftsführer übernehmen die zentrale Rolle in der Leitung und Vertretung einer GmbH. Gemäß § 35 GmbHG liegt es in ihrer Verantwortung, die Geschäfte der Gesellschaft umfassend zu führen und sie sowohl vor Gericht als auch außergerichtlich zu vertreten.

Zusätzlich sind die Geschäftsführer dazu verpflichtet, die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung umzusetzen und den Anweisungen dieser Versammlung Folge zu leisten (§ 37 Abs. 1 GmbHG). Bei Handlungen im Namen der Gesellschaft müssen die Geschäftsführer die Sorgfaltspflicht eines gewissenhaften Geschäftsmannes walten lassen. Vernachlässigen sie diese Pflicht, haften sie persönlich (§ 43 GmbHG).

2. Ärztlicher Leiter 

Im MVZ ist der ärztliche Leiter eine entscheidende Figur. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V wird das MVZ als eine „ärztlich geleitete Einrichtung“ definiert. Der ärztliche Leiter selbst muss entweder als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt im MVZ tätig sein. Er genießt in medizinischen Angelegenheiten Unabhängigkeit von Weisungen (§ 95 Abs. 1 Satz 3 SGB V).

Falls im MVZ Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen tätig sind und an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, ist auch eine kooperative Leitung möglich (§ 95 Abs. 1 Satz 4 SGB V).

3. Zwischenergebnis

Die gesetzlichen Grundlagen für die rechtliche Position und die Aufgaben des GmbH-Geschäftsführers sind im GmbHG vergleichsweise ausführlich und präzise festgelegt. Im Gegensatz dazu bleiben die Aufgaben und die Position des ärztlichen Leiters in einem MVZ nach den Regelungen des SGB V eher vage, da nur festgelegt wird, dass ein solcher Leiter vorhanden sein muss („konstitutiv“).

III. Risikoanalyse

1. Vertragsärztlicher Bereich

a) Abgrenzung der Verantwortungsbereiche

Die juristische Abgrenzung der Verantwortungsbereiche in Bezug auf Medizinische Versorgungszentren (MVZ) wirft viele Fragen auf. Während die Aufgaben des Geschäftsführers einer GmbH, die als Trägergesellschaft fungiert, im GmbHG ausführlich festgelegt sind und sich hauptsächlich auf die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft beziehen, scheint die Rolle des ärztlichen Leiters zunächst auf medizinische Angelegenheiten beschränkt zu sein, wie es im SGB V festgeschrieben ist. Dies könnte den Eindruck erwecken, dass die Verantwortlichkeiten klar verteilt sind.

 

b) Verantwortlichkeit des ärztlichen Leiters

Tatsächlich werden dem ärztlichen Leiter eines MVZ beträchtliche Aufgaben und Verpflichtungen auferlegt. Dazu gehören die Gewährleistung, dass die ärztlichen Leistungserbringer im MVZ keinerlei Anweisungen von Nicht-Ärzten befolgen, die ärztliche Steuerung der Betriebsabläufe, die Gesamtverantwortung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), die Steuerung des Personaleinsatzes, die medizinische Ausrichtung der Abrechnung, die Einhaltung der Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst, die Überwachung der Vertragsärzte in Bezug auf die Einhaltung ihrer Verpflichtungen, die Überwachung der Abrechnungsgenehmigungen, die Überprüfung der Vertretung von abwesenden Ärzten, die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots bei ärztlichen Behandlungen und die Einhaltung von Vorschriften zur Qualitätssicherung, Hygiene und anderen Bestimmungen. Darüber hinaus unterliegt der ärztliche Leiter der Pflicht zur Abgabe einer ordnungsgemäßen Abrechnungserklärung und zur sorgfältigen Abrechnung aller Leistungen des MVZ.

Diese „Gesamtverantwortung“ des ärztlichen Leiters erstreckt sich auf viele Aspekte, die auch einen Praxisinhaber in einer Einzelpraxis betreffen würden. Infolgedessen geht mit der Position des ärztlichen Leiters ein erhebliches disziplinarrechtliches Risiko einher.

c) Verantwortlichkeit des Geschäftsführers der Träger-GmbH

Im Unterschied dazu scheint der GmbH-Geschäftsführer weitgehend von den meisten dieser Verpflichtungen befreit zu sein, insbesondere von solchen, die den Verpflichtungsbereich der Vertragsärzte betreffen. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) kann sogar in die Aufgaben des GmbH-Geschäftsführers eingreifen, der darin besteht, die Gesellschaft nach außen zu vertreten, beispielsweise in Bezug auf Unterschriftsanforderungen im Zusammenhang mit der Abgabe der „Sammelerklärung“ für den ärztlichen Leiter.


d) Zwischenergebnis

Die Rechtsprechung der Sozialgerichte hat dazu geführt, dass die Trägergesellschaft, insbesondere wenn es sich um eine Kapitalgesellschaft handelt, weitgehend von der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung entkoppelt wurde. Obwohl die Gesellschafter der Träger-GmbH aufgrund ihrer Verpflichtung zur Sicherheitsleistung mit ihrem gesamten Vermögen haften, wird der Geschäftsführer in Bezug auf die Verwirklichung des eigentlichen Gesellschaftszwecks zunehmend in den Hintergrund gedrängt. Dies kann dazu führen, dass die Trägergesellschaft in gewisser Weise ihren ursprünglichen Charakter verliert, während der ärztliche Leiter eine Art „vertragsärztlicher Geschäftsführer“ darstellt, der erhebliche Verantwortung und Pflichten trägt, jedoch nicht institutionell mit entsprechenden Rechten ausgestattet ist.


2. Strafrechtlicher Bereich

a) Risiko des ärztlichen Leiters

Im strafrechtlichen Kontext birgt die Handlung des Abrechnungsbetrugs im Gesundheitswesen gemäß § 263 StGB ein erhebliches Risiko, insbesondere im Bereich der Vertragsärzte, da bereits die Abgabe einer fehlerhaften Quartalsabrechnung als strafbar angesehen wird. Weitere Straftatbestände wie die „Verordnungsuntreue“ gemäß § 266 StGB und die „Bestechlichkeit im Gesundheitswesen“ gemäß § 299a StGB könnten ebenfalls von Relevanz sein.


b) Risiko des Geschäftsführers

Auch der GmbH-Geschäftsführer kann strafrechtlich belangt werden, insbesondere im Zusammenhang mit Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen. Typische Delikte, die den Geschäftsführer betreffen könnten, sind Untreue gemäß § 266 StGB, Vorenthalten und Veruntreuung von Arbeitsentgelt gemäß § 266a StGB, Bankrott gemäß § 283 StGB und Bestechung im Gesundheitswesen gemäß § 299b StGB.


c) Zwischenergebnis

 Die Unterschrift unter die Quartalsabrechnung stellt eine strafrechtliche relevante Tathandlung dar und birgt erhebliche Risiken. Diese Risiken betreffen nicht nur die Auswahl der Beschuldigten im Ermittlungsverfahren, sondern führen auch zu Anwaltskosten, persönlicher Belastung, möglicherweise zu einer Hauptverhandlung gemäß § 153a StPO, Karrierehindernissen und mehr.

3. Verantwortlichkeit sog. „patientenferner Entscheider“ wegen Organisationsverschuldens

In vielen Fällen besteht eine Korrelation zwischen fehlerhaftem Behandlungsverhalten und Mängeln in der Organisation oder Infrastruktur. Dennoch werden Ermittlungen oft gegen die beteiligten Ärzte eingeleitet, während die ärztliche Leitung oder Geschäftsführung, die in sorgfaltswidriger Weise gehandelt haben könnte, häufig nicht zur Verantwortung gezogen wird. Es ist wichtig zu beachten, dass neben der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und der zivilrechtlichen Haftung auch die Möglichkeit der Organhaftung gemäß § 31 BGB analog sowie der Verbandshaftung gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG bestehen kann.

4. Zwischenergebnis

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Risikoanalyse im Kontext von MVZ äußerst komplex ist. Die Rollen und Verantwortlichkeiten des ärztlichen Leiters und des GmbH-Geschäftsführers müssen sorgfältig abgewogen werden, da beide erhebliche Risiken in Bezug auf disziplinarrechtliche und strafrechtliche Verantwortlichkeit tragen können. Zudem darf das besondere Problem der Verantwortlichkeit von „patientenfernen Entscheidungsträgern“ im Zusammenhang mit organisatorischem Verschulden nicht außer Acht gelassen werden. Eine klare rechtliche Abgrenzung und die klare Definition der Verantwortlichkeiten sind daher von entscheidender Bedeutung, um die rechtlichen Risiken auf ein Minimum zu reduzieren.

IV. Konsequenzen für die Vertragsgestaltung

1. Aus zulassungsrechtlicher Perspektive

a) Satzung der Träger-GmbH

Die Vertragsgestaltung im Kontext von MVZ sollte sicherstellen, dass der ärztliche Leiter in medizinischen Angelegenheiten unabhängig von „den Gesellschaftern und der Geschäftsführung des MVZ“ agieren kann. Dies kann durch die Festlegung in der Satzung der Träger-GmbH erreicht werden. Die Satzung sollte explizit festhalten, dass der ärztliche Leiter von Weisungen in medizinischen Belangen seitens der Gesellschafter und Geschäftsführung befreit ist. Des Weiteren sollte die Satzung sicherstellen, dass die Fachgebietsgrenzen eingehalten werden, Leistungen, die ausschließlich von Ärzten erbracht werden dürfen, nicht an nichtärztliches Hilfspersonal delegiert werden, und dass das Recht der Patienten auf freie Arztwahl gewahrt bleibt.


b) Arbeitsvertrag des ärztlichen Leiters

Der Arbeitsvertrag des ärztlichen Leiters sollte die Unabhängigkeit in medizinischen Angelegenheiten besonders betonen. In seinem Vertrag sollte ausdrücklich festgehalten sein, dass der ärztliche Leiter in seiner Funktion von jeglichen Weisungen der Geschäftsführung und der Gesellschafter der Arbeitgeberin unabhängig ist. Er trägt die Verantwortung für die Organisation der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung und muss sicherstellen, dass die Fachgebietsgrenzen eingehalten werden, Leistungen, die ausschließlich von Ärzten erbracht werden dürfen, nicht an nichtärztliches Hilfspersonal delegiert werden und dass Leistungen, die einem Qualifikationsvorbehalt unterliegen, ausschließlich von qualifizierten Ärzten erbracht werden. Zusätzlich muss der ärztliche Leiter die Einhaltung der vertragsarztrechtlichen Pflichten der anderen angestellten Ärzte überwachen.


c) Geschäftsführer-Anstellungsvertrag

Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag sollte im Innenverhältnis klarstellen, dass der Geschäftsführer für alle Geschäftsbereiche der Gesellschaft zuständig ist. Dennoch sollte betont werden, dass er die Weisungsfreiheit des ärztlichen Leiters in medizinischen Angelegenheiten respektiert. Der Geschäftsführer darf keinerlei Weisungen erteilen, die den originär ärztlichen Bereich betreffen.

2. Sonstige Erfordernisse

a) Versicherungen

Die Beteiligten sollten auch die Einbeziehung von Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungsoptionen berücksichtigen. Es wird empfohlen, für Geschäftsführer und ärztliche Leiter eine „D & O“-Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) abzuschließen, um sie vor persönlicher Haftung zu schützen. Es sollte deutlich festgelegt werden, ob die Arbeitgeber die Anwaltskosten im Fall rechtlicher Streitigkeiten übernehmen werden.

 

b) Compliance-Maßnahmen

Um rechtliche Risiken zu reduzieren, sollten Maßnahmen zur Einhaltung von Vorschriften umgesetzt werden. Dies kann die Implementierung eines sogenannten „Compliance-Management-Systems“ beinhalten, um sicherzustellen, dass das MVZ alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Es kann auch empfehlenswert sein, externe Berater hinzuzuziehen, um sicherzustellen, dass das MVZ den gesetzlichen Bestimmungen entspricht und effektive Compliance-Strategien entwickelt.

 

V. Ergebnis

Die Position des ärztlichen Leiters in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) wird derzeit hauptsächlich auf gesellschaftsrechtlicher und arbeitsvertraglicher Ebene geregelt. Die rechtliche Stellung des ärztlichen Leiters im MVZ ist von großer Bedeutung, da sie erhebliche disziplinäre und strafrechtliche Risiken mit sich bringen kann. Es ist jedoch notwendig, in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob die bestehenden Regelungen ausreichenden Schutz bieten.

Die Vertragsgestaltung im Zusammenhang mit MVZ ist äußerst komplex und erfordert sorgfältige Überlegungen. Eine klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten zwischen dem ärztlichen Leiter und der Geschäftsführung der Träger-GmbH ist entscheidend, um rechtliche Risiken zu minimieren. Die Satzung der Träger-GmbH, der Arbeitsvertrag des ärztlichen Leiters und der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag sollten Bestimmungen enthalten, die die Unabhängigkeit des ärztlichen Leiters in medizinischen Angelegenheiten betonen und sicherstellen, dass er seine erforderlichen Aufgaben und Pflichten erfüllen kann.

Darüber hinaus sollten auch andere wichtige Aspekte wie Versicherungen (insbesondere Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen) und Compliance-Maßnahmen in die Vertragsgestaltung einbezogen werden, um das MVZ effektiv zu schützen und den gesetzlichen Anforderungen zu genügen.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Frage der angemessenen Absicherung und rechtlichen Strukturierung der Position des ärztlichen Leiters im MVZ nach wie vor von großer Bedeutung ist. Es bleibt abzuwarten, ob zukünftige regulatorische Vorgaben für Medizinische Versorgungszentren eingeführt werden, die die Rolle des ärztlichen Leiters genauer definieren oder zusätzliche Anforderungen für die Trägerebene festlegen. Die Entwicklungen in diesem Bereich sollten aufmerksam verfolgt werden, um sicherzustellen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen angemessen und zukunftsfähig sind.

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