Dorn & Freudenberg Medizinwirtschaftsrecht - Ihr Partner für medizinisches Wirtschaftsrecht

Wie scheide ich optimal aus einer Gemeinschaftspraxis (BAG) aus?

Fachbeitrag im Gesellschaftsrecht

1. Ich möchte aus unserer Gemeinschaftspraxis austreten!

Verschiedene Faktoren können zu dieser Entscheidung führen, wie der Wunsch nach einer neuen beruflichen Herausforderung, Meinungsverschiedenheiten mit Kollegen oder das nahende Ende der Berufslaufbahn als (Zahn)Arzt oder Psychotherapeut (m/w/d).

Eine BAG ist üblicherweise als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder manchmal als Partnerschaftsgesellschaft (PartG) organisiert.

Als Mitglied, das austreten möchte, habe ich grundsätzlich zwei Optionen:

  • Einvernehmliche Lösung durch eine Austrittsvereinbarung mit den anderen Gesellschaftern oder Verkauf meines Anteils an einen Nachfolger (m/w/d) (siehe unter Punkt 2); oder

  • Beendigung der Mitgliedschaft durch Kündigung und Erhalt einer Abfindung (siehe unter Punkt 3).

2. Austritt durch Vereinbarung

Im besten Fall erreichen die Gesellschafter eine Übereinkunft über den Austritt. Diese kann entweder darin bestehen, dass:

  • der austretende Gesellschafter ausscheidet und eine Abfindung erhält (siehe Unterpunkt a.); oder

  • sein Anteil an einen Nachfolger verkauft wird (siehe Unterpunkt b.).


a. Vereinbarung von Austritt und Abfindung

Alle Teilhaber und die BAG einigen sich durch einen Austrittsvertrag auf die Modalitäten des Austritts und die Abfindung des ausscheidenden Teilhabers.

Dieser Vertrag kann in einfacher schriftlicher Form unterzeichnet werden, eine notarielle Beurkundung ist nicht notwendig.

Der zu bestimmende Austrittstermin markiert das Ende der Mitgliedschaft des ausscheidenden Gesellschafters, und sein Anteil am Vermögen geht auf die verbleibenden Gesellschafter über.

Bezüglich der Arztpraxis muss entschieden werden, ob der Ausscheidende seine Zulassung mitnimmt und den Standort wechselt oder ob die Zulassung bei der BAG verbleibt und ein Nachbesetzungsverfahren eingeleitet wird. In beiden Szenarien ist eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich.

Die Details der von der BAG zu leistenden Abfindung, einschließlich Zahlungsweise, Raten und Zinsen, müssen festgelegt werden. Es muss auch geklärt werden, inwieweit der Ausscheidende an aktuellen Gewinnen beteiligt wird, üblicherweise durch Erstellung einer Zwischenbilanz am Austrittstag.

Der Ausscheidende haftet fünf Jahre lang für bestehende Verbindlichkeiten der BAG gegenüber Außenstehenden. Die Gesellschafter können jedoch intern abweichende Vereinbarungen treffen, wie z.B. eine Freistellung des Ausscheidenden von dieser Haftung.

Es sollte überlegt werden, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für den Ausscheidenden gelten soll oder ob er von einem bestehenden Wettbewerbsverbot befreit wird.

Um dauerhaften Rechtsfrieden zu gewährleisten, sollten die Beteiligten erwägen, sämtliche Ansprüche gegenüber dem Ausscheidenden durch eine Ausgleichsklausel oder Generalquittung in der Vereinbarung als erledigt zu betrachten.

b. Übertragung an einen Nachfolger

Hierfür ist die Zustimmung bzw. Mitunterzeichnung des Vertrages durch die anderen Gesellschafter erforderlich.

Es genügt die Abfassung des Kaufvertrages in privatschriftlicher Form; eine notarielle Beurkundung ist nicht notwendig.

Die Übertragung des Vertragsarztsitzes des ausscheidenden Gesellschafters an den Nachfolger ist üblich. Dies erfordert ein Nachbesetzungsverfahren, in dem der ausscheidende Gesellschafter auf seinen Sitz verzichtet und der Nachfolger sich hierfür bewirbt. Die Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung für die Zulassung des Nachfolgers ist notwendig.

Der Verkaufspreis für den Gesellschaftsanteil und der Zeitpunkt seiner Zahlung sind im Vertrag festzulegen.

Im Kaufvertrag muss festgelegt werden, in welchem Umfang der ausscheidende Gesellschafter für den verkauften Anteil haftet, insbesondere ob er nur für die lastenfreie Übertragung des Eigentums oder auch für Zusicherungen bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Beteiligung haftet. Haftungsbeschränkungen zugunsten des Verkäufers sind zu berücksichtigen.

Gesetzlich haftet der Nachfolger für alle bestehenden und neuen Verbindlichkeiten der BAG. Eine abweichende Regelung für die Haftung des Nachfolgers, insbesondere für Altverbindlichkeiten, kann intern vereinbart werden, um den Nachfolger zu entlasten.

Gemäß dem Gesetz haftet der ausscheidende Gesellschafter noch fünf Jahre für Altverbindlichkeiten der BAG, kann aber intern von dieser Haftung befreit werden.

Eine Regelung bezüglich eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots für den ausscheidenden Gesellschafter sollte getroffen werden, einschließlich der Möglichkeit, ihn von einem bestehenden Wettbewerbsverbot zu entbinden.Im Rahmen eines Verkaufs schließt der ausscheidende Gesellschafter einen Kauf- und Übertragungsvertrag mit dem Nachfolger, wodurch letzterer den Anteil an der BAG übernimmt.

c. Überarbeitung des Gesellschaftsvertrags

Es wird empfohlen, den Austritt eines Gesellschafters als Gelegenheit zu nutzen, um den bestehenden Gesellschaftsvertrag der BAG auf seine Aktualität und Relevanz zu überprüfen und gegebenenfalls an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

3. Kündigung der BAG

Sollten Sie keine Übereinkunft mit den anderen Gesellschaftern erzielen, besteht die Möglichkeit, die Mitgliedschaft in der BAG eigenständig durch Kündigung zu beenden.

a. Grund für die Kündigung

In der Regel enthalten die Verträge von BAGs eine Bestimmung, die ein ordentliches Kündigungsrecht vorsieht. In diesem Kontext sollte geprüft werden, ob dieses Recht möglicherweise für einen bestimmten Zeitraum ausgesetzt ist und ob diese Aussetzung rechtlich haltbar ist. Sollte der Gesellschaftsvertrag keine Angaben zum ordentlichen Kündigungsrecht machen, greifen die gesetzlichen Bestimmungen.

Es kann auch ein außerordentliches Kündigungsrecht vorliegen, insbesondere wenn dem ausscheidenden Gesellschafter eine Fortführung der Gesellschaft unter den aktuellen Umständen nicht mehr zumutbar ist. Oftmals führt der Gesellschaftsvertrag Gründe auf, die als ausreichend wichtig für eine außerordentliche Kündigung gelten. Ein außerordentliches Kündigungsrecht kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden.

b. Fristen für die Kündigung

Ordentliche Kündigungsrechte sind an bestimmte Fristen gebunden. Hierbei ist zuerst der Gesellschaftsvertrag zu prüfen. Übermäßig lange Kündigungsfristen können als ungültig betrachtet werden. Wenn im Gesellschaftsvertrag keine Fristen festgelegt sind oder diese als ungültig gelten, sind die gesetzlichen Vorgaben zu beachten.

Eine außerordentliche Kündigung ist in der Regel nicht an Fristen gebunden und kann daher sofort wirksam werden.

c. Verfassen eines Kündigungsschreibens

Normalerweise legt der Gesellschaftsvertrag fest, wie ein Kündigungsschreiben zu verfassen ist und an wen es gerichtet werden soll. Es ist wichtig, dass derjenige, der kündigt, diese Anforderungen einhält und zusätzlich gewährleistet, dass der Erhalt der Kündigung nachweisbar ist, beispielsweise durch ein Einschreiben, einen Kurierdienst oder eine Übergabe vor Zeugen.

d. Verlassen der Gesellschaft

Üblicherweise führt eine Kündigung dazu, dass die betreffende Gesellschaft nicht aufgelöst wird, sondern weitergeführt wird, wobei der Kündigende die Gesellschaft verlässt.

e. Abfindung

Als Ausgleich für den Verlust seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft erhält die ausscheidende Person eine Abfindung. Die Details bezüglich der Höhe und der Zahlungsbedingungen der Abfindung werden normalerweise im Gesellschaftsvertrag festgelegt. Aufgrund der Tatsache, dass die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags die Abfindung zu Ungunsten des Ausscheidenden einschränken können, ist es ratsam, die Rechtsprechung zu konsultieren, um die Gültigkeit solcher Einschränkungen zu überprüfen.

g. Fortdauernde Haftung

Nach § 160 HGB haftet eine ausscheidende Person fünf Jahre lang für bestehende Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Abhängig von der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags, kann die ausscheidende Person jedoch eine Entlastung von diesen Verbindlichkeiten fordern.

h. Wettbewerbsbeschränkungen

Oft enthält der Gesellschaftsvertrag Regelungen zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot oder einer Patientenschutzklausel. Diese sollten von der ausscheidenden Person beachtet werden, um die Zahlung einer Vertragsstrafe oder Schadenersatzansprüche zu vermeiden. Es ist stets empfehlenswert, solche Wettbewerbsverbote auf ihre rechtliche Gültigkeit hin zu überprüfen, besonders wenn sie eine unangemessene Benachteiligung der ausscheidenden Person darstellen könnten.

4. Rechtliche Beratung und Unterstützung

Unsere auf Medizin- und Gesellschaftsrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei Ihrem Austritt aus einer Gemeinschaftspraxis unterstützend zur Seite. Wir analysieren mit Ihnen die beste Vorgehensweise für Ihren Austritt, führen Verhandlungen und erstellen alle notwendigen Unterlagen, um Ihren Austritt erfolgreich zu gestalten. 
Bitte kontaktieren Sie uns jederzeit für Fragen oder Beratungswünsche

Rechtsgebiet

medizinrecht-scaled-2-Mobile

Gerne für Sie erreichbar

Kontakt

Ihre Kanzlei Dorn & Freudenberg Medizinwirtschaftsrecht. Immer für Sie da

Adresse

Taunusstr. 7
65183 Wiesbaden

Öffnungszeiten

Mo. – Fr. 08:00 – 17:00

Kontakt

Sie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.

Mehr Informationen